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Auszeit

Nachhaltig grün

9179664462_6e7eb7b982_kSeit der Brundtland-Bericht der Vereinten Nationen 1987 das erste Mal von Nachhaltigkeit sprach, hat sich viel verändert. Der Begriff ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen – und auch die Baubranche hat darauf reagiert.

In diesem Report der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen geht es darum, dass Entwicklungen in allen Bereichen die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigen sollen – ohne die von künftigen Generationen zu riskieren. Außerdem ist bei diesem Wandlungsprozess darauf zu achten, dass Investitionen, technischer Fortschritt und das Nutzen von Ressourcen harmonieren und „gemeinsam an einem Strang ziehen“. Nur so könnten die menschlichen Bedürfnisse und Wünsche erfüllt werden.

Die Baubranche hat sich von dieser Forderung ebenfalls anspornen lassen. So hat der Fachverband der Stein- und keramischen Industrie der WKO in der Forschungsinitiative „Nachhaltig massiv“ vier relevante Bereiche definiert: Gebäudebewertung sowie ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit. Auf diese Weise sollen wissenschaftliche Grundlagen geschaffen werden, um Organisationen sowie deren Produkte und Dienstleistungen für nachhaltiges Bauen zu positionieren.

Nicht nur Ratings für nachhaltige Gebäude, sondern auch Qualitätszertifikate wie die internationalen Gebäudebewertungssysteme LEED, BREEAM und LenSE gewinnen an Bedeutung. In Österreich sind zudem die Total Quality Gebäudebewertung (TQ) und der ÖKOPASS des IBO, relevant. Letzterer bezeichnet einen Gebäudequalitätspass, der auf die speziellen Anforderungen von Wohnhausanlagen adaptiert wurde. Aktuelles Beispiel: „Mitten im Grünen“ in Oberlaa, Wien. Hier entstehen – mit direkter U-Bahn-Anbindung und umgeben von Parks, Grünflächen sowie der Therme Oberlaa – rund 180 freifinanzierte Eigentumswohnungen in zentraler Lage mit Wohnraumgrößen von zwei bis fünf Zimmern. Auch 40 reihenhausartige Wohnungen zwischen 100 und 145 Quadratmeter warten auf neue Eigentümer. Der Vorteil einer Zertifizierung liegt auf der Hand. Sie macht die Qualität eines Gebäudes sichtbar, nutzbar und vergleichbar. Das bringt Vorteile und Sicherheit in der Vermarktung.

Mit dem goldenen Green Building Zertifikat der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft ÖGNI ist auch der Bürokomplex PURO versehen worden. Dass man einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen und Gesellschaft pflegt, zeigt die Tatsache, dass man auf öffenbare Holzfenster, schadstoffarme Materialien, intelligente Raumluftkonditionierung und blendfreie Beleuchtung setzt.

Die Lebensdauer von Gebäuden, Bauteilen und Baustoffen beeinflusst die Gebäudequalität dramatisch. Sie ist deswegen ein wichtiger Aspekt sowohl in der ökologischen als auch der ökonomischen Lebenszyklusanalyse von Gebäuden. Genau diesen Kreislauf hatten die Gestalter des LifeCycle-Towers in Dornbirn im Auge. Die ausführende Rhomberg-Gruppe wollte ein baureifes, flexibles Holzfertigteil-Baukastensystem für energieeffiziente Bürohochhäuser mit bis zu 20 Geschoßen entwickeln. Ein weiterer Fokus lag auf der Gebäude- und Fassadentechnik. Sie sollte dazu beitragen, vom Energie verbrauchenden zum Energie erzeugenden Gebäude zu gelangen – dem kleinen Kraftwerk so zu sagen. Erreicht wurde das mittels einer modularen, seriell herstellbaren Holzverbundbauweise. Sie bildet die Tragstruktur für ein energetisch optimiertes Fassadensystem. Haustechnik, Fassade und Konstruktion sind dabei ein voneinander abhängiges Gesamtsystem. Im November 2012 wurde der achtstöckige Prototyp eröffnet.

Mit der Verwendung des Baustoffs Holz wird bei diesem Projekt auch der Transportrucksack leichter. Jener nämlich, der im Rahmen von Ökobilanzen dann immer schwerer wird, je weiter man den Baustoff zur Baustelle oder zum Werk transportieren muss. Dieser Aspekt rückt ebenfalls zunehmend in den Fokus von nachhaltig denkenden Planern. Weiters wichtig: der Kreislaufgedanke bei den Baumaterialien. Der Fachverband hat vier Indikatoren entwickelt: Verfügbarkeit, Recyclierbarkeit, Eigenversorgung, Scale-Up (Auswirkungen eines deutlich größeren Materialeinsatzes). Dadurch erhält man relevante Ansätze bezüglich verbesserter Kreislauffähigkeit von Baustoffen beziehungsweise Gebäuden.

Gerade in Städten wird auch der Aspekt des Mikroklimas immer wichtiger. Da man Wände, Gehsteige oder Fahrbahnen nicht beeinflussen kann, ist man vielfach dazu übergegangen, Pflanzen in die Gebäude- und Anlagengestaltung zu integrieren. Die Vorteile: Die Luftfeuchtigkeit steigt in solchen Grätzeln und Hitze wird in Kühle verwandelt. Laut der Initiative „GrünStadtklima“ erbringt eine Grünfassade in Wien mit rund 850 Quadratmetern Fläche an einem heißen Sommertag in etwa die Kühlleistung von 75 Klimageräten mit 3000 W Leistung und acht Stunden Betriebsdauer. Zudem trägt auch das Aufbrechen von versiegelten Flächen wie Asphalt- und Betondecken dazu bei, dass waagrechte „Greens“ Niederschläge aufnehmen, puffern und beim Versickern helfen. Dadurch wird das Kanalsystem entlastet und Überschwemmungen entgegen gewirkt.

Wie am Projekt „Grüne Mitte Linz“. Auf dem Gelände des ehemaligen Frachtenbahnhofes entstehen bis 2016 über 700 Wohnungen, 50 betreubare Wohneinheiten und ein Kindergarten – mittendrin ein 14.000 Quadratmeter großer öffentlicher Park samt Fassadenbegrünung, die sich über Eigengärten, Terrassen, Loggien und Balkonen bis zu den Dächern hinauf zieht. Eine Lindenallee bildet das Rückgrat der „grünen Mitte Linz“.

Via: Forschungsinitiative „nachhaltig aktiv“,ÖKOPASS IBO, Bürokomplex Puro, LifeCycle-Tower Dornbirn, Indikatoren Baumaterialien, Initiative GrünStadtklima; Bild: Konrad Lawson


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